Tag 5 - San Roque/Briech
Die erste Nacht im Zelt war ausgesprochen erholsam. Holger hat seine Magenprobleme im Schlumpfmobil ausgeschlafen und war am Morgen auch wieder fit. Da wir diesmal keine Eile hatten und erst 13:30 Uhr am Fährtreffpunkt (40 km weg) sein mussten, nutzten wir die Gelegenheit um in Ruhe zu frühstücken und kleinere Ausbesserungen an den Autos vorzunehmen. Fritz hatte uns neben dem Regler für die Lichtmaschine auch noch ein paar Gummiteile mitgegeben, welche nach kleiner Modifikation die inzwischen ausgeleierte 3D Rekonstruktion an Christians Stoßdämpfer ersetzen sollten. Und was passt besser zum Frühstück als ein angekokelter Stoßdämpfer?
Wir haben den Campingplatz überpünktlich verlassen und sind auf dem Weg zur Fähre in einem Lidl noch etwas Essen kaufen gegangen… und die 3 Kartons Wein die Holger dem Heinz mitbringen soll. Aber alles kein Problem denn wir haben ja noch soooo viel Platz im Auto. Holger entschied sich für den Kauf der sein Leben fast verändert hätte: 4 x 2 L Flaschen Freeway Cola. Bereits an der Kasse viel eine der Plastikflaschen um und sprudelte wild um sich. Wir kauften also nur 3 Flaschen dieses hochwertigen Erfrischungsgetränks und spielten als nächstes eine ausgiebige Runde Tetris.
Der Treffpunkt am Fährhafen in Algeciras war fast erreicht als Uneinigkeit über die nächste Abbiegung im Kreisverkehr entstand. Als unausweichliche Folge leitete Holger ein Bremsmanöver ein dessen Folgen keiner erahnen konnte.
Dramatische Pause
Mit Beschleunigungen die man sonst nur bei CERN kennt wurde einer der 3 auf der Rückbank gelagerten Colaflaschen beschleunigt und erfuhr dadurch gemäß der geltenden physikalischen Gesetze eine Zustandsänderung die mit einem unelastischen Stoß mit einem noch ungeklärten Teil des Fahrzeugs endete. Cola durchschoß die Fahrgastkabine des Schlumpfmobils. Die Frontscheibe war getränkt in Zuckerwasser. Mit der Agilität eines einbeinigen Tausendfüßlers beförderte ich die Flasche in den Fußraum des Beifahrers. Meine Hoffnung auf schnelles Verbrennen des Gefahrengutes unbekannter Halbwertszeit erlosch wie eine Kerze im Hochvakuum, als ich bemerkte, dass die Heizung heute nicht heizt. Nach einer Ewigkeit (10 s) hatte sich der Flaschendruck normalisiert und die Colaflut wurde unterbochen. Alle Beteiligten atmeten auf. In der nächsten Kurve kippte die Flasche erneut um und erhöhte dadurch ihren Innendruck. Nun waren auch die Beine der Beifahrer von allen Seiten gut gezuckert… ich sollte das anders formulieren: Die Beifahrer konnten die einmalige Gelegeneit warnehmen ihre in den letzten Tagen stark beanspruchten Beine kurz nach einer erholsamen Dusche in einer Essenz der feinsten Limonaden Spaniens zu baden.
Wir waren am Treffpunkt. Das Schlachtfeld wurde so gut wie möglich gereinigt, wir hatten ja Zeit. Die Fähre sollte uns nicht vor 15:30 abholen.
Wir warteten also gute zwei Stunden und fuhren dann relativ hektisch in den Rumpf des Stahlkolosses. Als wir den Hafen verließen waren wir gerade an Deck ein Gruppenfoto machen. Heute waren das erste mal alle Rallyeteilnehmer zusammen. Wir hatten den ersten Pflichttreffpunkt hinter uns. Auf dem Schiff reisten wir in Marokko ein. Ein Beamter kümmerte sich mit seinen 2 Stempeln darum, dass alle Passagiere ihre Pässe während der Fahrt gestempelt bekamen. Er hat es gerade so geschafft.
Alle Rallyeautos trafen sich anschließend vor dem Hafen um gemeinsam den Zoll zu passieren. Es gab Hoffnung auf eine schnelle Gruppenabfertigung. Weit gefehlt. Wir wurden unseren Spuren zugewiesen und warteten dann erst einmal. Mike bekam das volle Programm ab: nachdem er seine frisch montierte Dachkamera wieder entfernen musste und die Zöllner auch die Fotos sehen wollten, Pistolen wurden gesucht und ein Hund durfte sich das Auto auch noch einmal genauer anschauen.
Bei uns ging es auch sehr schleppend vorran. Christian hieß im System Wietzel mit Nachnamen. Um dies im System zu ändern musste er mehrfach zwischen Zoll und Polizei hin und her laufen. Das Ergebnis war, dass es anscheinend einfacher ist eine Person umzubenennen als deren Namen im System zu ändern. Christian ist nun nichtmehr Teil des Wötzel Clans und heißt jetzt Wietzel.
Doch nun zur Situation die Holgers Leben hätte verändern können. Es wurden relativ viele vor uns abgefertigt und wir konnten uns die Prozedur in Ruhe anschauen. Neben uns packte jemand sein vollgestopftes Auto aus. Ich sah schon wieder erste Schweißbildung auf Holgers Stirn: “Was wenn die Schneeketten sehen wollen?”. Die Kollegen vom Zoll hatten es heute anscheinend auf viele Kleinigkeiten abgesehen. Wir waren an der Reihe. Holger übergab die Zollpapiere und wartete. Der Zöllner wollte einen Blick ins Auto werfen. Nachdem die Hecktür geöffnet wurde nahm ich 2 sehr bekannte Geräusche wahr. Zum einen ein leises “Oh Scheiße.” und zum anderen das Geräusch was eine Freeway Colaflasche macht wenn sie auf Asphalt trifft.
Aus Sicherheitsgründen hatten wir die Colaflaschen gaaaanz nach hinten ins Auto verbannt. Eine davon schlug neben dem Zöllner ein.
Dramatische Pause
Die Flasche blieb ganz und duschte den Zöllner nicht in Cola. Holger wurde noch gefragt, ob er eine Pistole dabei hat. Dann durften wir weiter fahren. Die Fahrt zum Campingplatz verlief ganz gut, es waren nur ein paar Kilometer und an der Mautstelle wurden wir sehr freundlich und kumpelhaft begrüßt.
Die an der Tankstelle erworbenen SIM Karten wollen noch nicht so recht. Uns fehlt der richtige APN und das WLAN hier reicht nicht bis ins Zelt, in dem ich gerade liege und den Bericht hacke, denn trotz der kurzen Etappe ergaben sich weniger Möglichkeiten das erlebte aufzuschreiben… vielleicht auch, weil wir mehr damit beschäftigt waren das Erlebte (Colatrauma) zu verarbeiten.
Etappenlänge | 142.44 km |
Dauer | 11 h 03 min |
Durchschnittsgeschwindigkeit (inkl. Standzeiten) | 12.88 km/h |
min. Höhe | 0 m NN |
max. Höhe | 223 m NN |
Höhenmeter hoch/runter | 1559 m / 1580 m |